Auf dem See

Und frische Nahrung, neues Blut 
Saug ich aus freier Welt; 
Wie ist Natur so hold und gut, 
Die mich am Busen hält! 
Die Welle wieget unsern Kahn 
Im Rudertakt hinauf, 
Und Berge, wolkig himmelan, 
Begegnen unserm Lauf. 

Aug, mein Aug, was sinkst du nieder? 
Goldne Träume, kommt ihr wieder? 
Weg du Traum, so gold du bist; 
Hier auch Lieb und Leben ist.

Auf der Welle blinken 
Tausend schwebende Sterne, 
Weiche Nebel trinken 
Rings die türmende Ferne, 
Morgenwind umflügelt 
Die beschattete Bucht, 
Und im See bespiegelt 
Sich die reifende Frucht. 

Johann Wolfgang von Goethe