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10. So wohnte man in Ägypten

Da die Menschen im Niltal sehr viel enger aufeinander wohnten, als z.B. die Menschen in den Dörfern der Jungsteinzeit und der Kupferzeit in Europa, bauten sie auch anders. Die normalen Häuser standen enger beieinander, die Villen der Reichen boten schon allen erdenklichen Luxus.

Die Häuser
Die Wohnhäuser der Ägypter waren einfach und zweckmäßig gebaut. Sie hatten eine rechteckige Form, waren weiß bemalt um die sengende Sonne zu reflektieren und meistens nicht mehr als zwei Stockwerke hoch. Die Häuser selbst bestanden aus getrocknetem Schlamm, der zu Ziegeln verarbeitet wurde. Dattelpalmstämme beim einfachen Volk und ausländische Hölzer bei den Reichen dienten als Dachbalken. Das fertig gestellte Mauerwerk kleidete man mit einer Lehmschicht aus.
In jedem Haus, egal, ob es einem Wohlhabenden oder Armen gehörte, gab es einen Eingangsbereich, einen zentral gelegenen Wohnbereich und eine Küche.
Um sich vor der heißen Sonne und neugierigen Blicken zu schützen, waren die Fenster sehr klein und weit oben im Zimmer angebracht, wodurch die Räume nur mit dämmrigem Licht beleuchtet wurden.
Lüftungslöcher sollten den kühlen Nordwind einfangen, der als göttlicher Atem Atums galt. In manchen Häusern gab es trichterförmige Öffnungen, die den Luftstrom ins Gebäudeinnere weiterleiteten. In den heißen Jahreszeiten schliefen und trafen sich die Ägypter abends auf dem Dach.
In Deir el-Medinah waren die größten Häuser 27 Meter lang und 6 Meter breit, die kleinsten 13 Meter lang und 4 Meter breit. Die Reichen in Achet-Aton lebten in 20 - 28 Zimmern.

Das Leben in den Häusern
Die Küche lag in der Regel im hinteren Teil des Hauses, bei Villen auch in Nebengebäuden. In der Ecke befand sich ein Mahlstein, auf dem Mehl und Schrot hergestellt wurde, sowie ein kleiner Ofen zum Brotbacken und eine gemauerte Feuerstelle zum Grillen und Kochen. Da das Essen auf offenem Feuer gekocht wurde, hatte die Küche kein festes Dach. Trotzdem breitete sich der Rauch im gesamten Haus aus und schwärzte die Decken. In vielen Mumien konnte man Rußablagerungen in der Lunge feststellen. 
Die Vorräte wurden in große und kleine Tongefäße gelagert, die zudem beschriftet waren. Verderblichere Lebensmittel befanden sich in kleinen Vorratskellern, die von der Küche aus über eine Treppe erreichbar waren.
Die wohlhabenden Bürger schliefen in einem Bett, das auf einem erhöhten Podest stand. So wollten sie sich vor kriechenden Tieren, wie Skorpione schützen. Kleidung und andere Sachen, wie Schmuck, verstaute man in Kästen und Truhen aus Holz und Flechtwerk.
Die Armen hatten es meist nicht so gut. Sie schliefen auf einfachen Matten und teilten sich ihre kleinen Behausungen mit Vieh und bis zu zwei Dutzend Personen.
Reiche Bürger genossen zudem die Vorzüge eines Badezimmers, obwohl es kein fließendes Wasser gab. Die Toilette war ein einfacher Holzsitz auf Ziegelsteinen, unter dem ein halb mit Sand gefülltes Gefäß stand. Die Armen hatten vermutlich auch eine sanitäre Einrichtung, wobei die nur aus einem Topf mit Sand bestand, der irgendwo in der Zimmerecke stand. Vergeudet wurden die Fäkalien nicht. Zusammen mit denen von Tieren wurden sie auf dem Dach getrocknet und als Brennmaterial weiterverwendet.
Die Reichen konnten auch in den Genuss einer "Dusche" kommen. Ein Diener übergoss seinen Herrn mit einem Gefäß Wasser, wobei ein Rohr das Abwasser durch ein Loch in der Badezimmerwand wieder abfließen ließ. Das Abwasser wurde wahrscheinlich nicht vergeudet und für die Bewässerung der Pflanzen weiter verwendet. 

Querschnitt eines Hauses in Deir el-Medinah

(1) Straße. Eingang des Hauses mit zwei, drei Treppen, die nach unten zum ersten Raum führten (2) quadratischer Raum mit Deckenöffnung für Licht und Luft. In einer Ecke eine Art Bettschrank, aus Lehmziegeln gemauert, der 75 cm über den Boden lag. Die Wände waren unten weiß gestrichen. Eine kleine Treppe führte zum nächsten Raum. (3) Dies war in der Regel das größte Zimmer. Die Decke war höher und bestand aus Palmholz und Stroh, das von zwei hölzernen Säulen gestützt wurde. Auch hier schien das Licht wieder von einem hoch gelegenen Fenster rein. In dem Raum befanden sich Götterschreine und so genannte Scheintüren, Nischen in den Wänden, vor denen geopfert wurde. Der Hausherr empfing seine Gäste auf einem niedrigen, aus Lehmziegel gebauten Podest. Daneben befand sich eine Falltür, die zum Keller führte. (4) Im Keller wurden die wichtigsten und wertvollsten Güter aufbewahrt. (5) Dieses Zimmer war kleiner als der Hauptraum. Hier schliefen die Bewohner und hier lagerte man ebenfalls Lebensmittel. (6) Diese Treppe führte hinauf aufs Dach, wo man die Kühle des Abends genoss. (7) Hier befand sich die Küche. Auch in diesem Raum fand man oft einen Schrein mit einer Gottheit. Lebensmittel zogen neben Ungeziefer auch gefährliche Tiere an, weswegen sich die Bewohner des Hauses von einem Götterschrein Schutz erhofften. (8) Manchmal führte eine Treppe hinab zu einem zweiten Lagerraum.

Rekonstruktion einer Villa in Achetaton

Schöner Wohnen
Bemalungen an Wänden und Säulen ließ den Wohnbereich häuslicher erscheinen. An manchen Wänden hingen Behänge aus bunt gefärbtem Leinen. Auf dem Boden lagen aus Pflanzenfasern geflochtene Matten die auch als Schlafunterlage dienten.

Stühle waren im Neue Reich der Hit. Bei, für einen Beamten lächerlichen 4-8 Deben das Stück, konnte sich jeder Höhergestellte ein paar mehr leisten. Die Varianten gingen von einem einfachen Schemel und einem Klappstuhl bis hin zu Sesseln. Je nach Vorliebe mit Rücken- oder Armlehne. Natürlich gehörten zu einem anständigen Haus auch Tische. Dabei gab es keine Festtafeln, sondern bei Feiern bekam jeder Gast seinen eigenen kleinen Tisch.
Das Material der Tische und Stühle bestand entweder aus Holz oder aus stabilem Flechtwerk. Die Tischplatte war auch mal aus Kalzit-Alabaster oder Ton angefertigt.

Um den Gesamteindruck nicht zu zerstören, legte man sehr großen Wert auf eine saubere Behausung ohne Ungeziefer. Einige medizinische Papyri sprechen von allerlei Bekämpfungsmittel wie Natronwasser gegen Flöhe.
Vor allem die Armen hatten aber trotzdem mit Ungeziefer zu kämpfen. In den Mumien fand man Nissen, in den Zimmerecken Rattenlöcher, die, wahrscheinlich wenig effektiv, einfach mit Lumpen und Steinen verstopft wurden.
Besonders während der Überschwemmungszeit mussten Fliegen und Stechmücken eine Qual gewesen sein. Einwohner, die in der Nähe von Sumpfgebieten wohnten, hängten Moskitonetze auf, die sie aus ihren Fischernetzen angefertigt haben.
Die Wasserversorgung war durch Brunnen gewährleistet, die unterirdisch vom Nilwasser gespeist wurden. Reiche Bewohner hatten ihren eigenen Brunnen, Ärmere mussten zu einer öffentlichen Anlage gehen. Wenn die Stadt weit in der Wüste lag, wie Deir el-Medinah, musste das Wasser mit Eseln oder per Hand herangeführt werden. Das Wasser wurde in große Keramikbehälter untergebracht, die rings um die Hauptsiedlungen verteilt waren und von dort aus weiter verteilt wurden.
Der Abfall wurde einfach im Nil beseitigt oder in große Gruben geworfen. Etliche beschriebene Stein- und Tonscherben fanden die Archäologen in solchen Gruben.

Der Garten
Der Garten scheint der Stolz eines jeden angesehenen Ägypters gewesen zu sein. Warum sonst wurden in Privatgräbern immer wieder von solchen Anlagen berichtet? Ein Beamter namens Ineni, der Anfang der 18. Dynastie lebte, zählt akribisch alle 540 Bäume auf, die er sich in einem Wüstenareal mit großer Mühe hat anpflanzen lassen.
Wunderschöne Blumen, Schatten spendende Bäume und ein Wasserbecken zur Bewässerung zierte den Garten eines jeden wohlhabenden Bürgers. Besonders beliebt war der Lotus, der weiß und blau in den Gärten blühte. Der Sonnengott Re soll der Sage nach aus einer Lotosblüte erschienen sein. Teiche mit Schilf und vielen bunten Fischen luden zum Verweilen ein. In schattigen Lauben und Wein bewachsenen Pergolen aus Papyrusstängeln wurde so manches Schläfchen gehalten,. Unter Feigenbäumen und Dattelpalmen gelustwandelt. Damit der wohlhabende Bürger nicht gestört wurde, waren die großen Gärten mit Ziegelmauern vor den Blicken Neugieriger geschützt.
Der Garten war aber nicht nur für Mußestunden gedacht. Der Anbau von Nahrungsmitteln sollte die Bewohner des Hauses schnell und leicht versorgen können. Selbst die Armen besaßen manchmal kleine Gemüsegärtchen. Ein eigener Kornspeicher sorgte weiterhin für das leibliche Wohl.